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Schmerzmodul: Das Schmerzleben besser verstehen

Katja Marschall doziert das Schmerzmodul bei THIM. Im Interview erzählt sie über den Chronifizierungsprozess, das Nervensystem, Alltagsumstellungen und was das alles mit Physiotherapie zu tun hat.

Katja, du dozierst im Schmerzmodul. Was ist das?
In den letzten Jahren ist der chronische Schmerz der Patientinnen und Patienten immer mehr in den Vordergrund gerückt. Als Physiotherapeutin oder -therapeut ist es wichtig, den Chronifizierungsprozess zu verstehen und in der Therapie entsprechend damit umzugehen.
Das Schmerzmodul behandelt nicht nur den akuten und chronischen Schmerz, sondern legt besonderen Wert auf die sozialen und psychischen Aspekte. Insbesondere verdeutlichen reale Patientenerfahrungen, wie bedeutend dieses Verständnis bei langfristigen Patientinnen und Patienten ist.

Welche Herausforderungen von Schmerzen behandelt ihr im Modul?
Im Zentrum steht die Chronifizierung. Weitere Aspekte wie psychische Faktoren, zum Beispiel Depression oder Angst, werden angesprochen, denn diese haben grossen Einfluss auf das Schmerzerleben. Unter anderem dadurch kommen Physios allein bei einem chronischen Schmerz an ihre Grenzen. Darum ist das interdisziplinäre Arbeiten mit verschiedenen Parteien von Vorteil. Neben der Physiologie behandeln wir zudem die Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten.
Chronischer Schmerz unterscheidet sich deutlich von akutem Schmerz hinsichtlich Dauer, Ursache, Intensität und vor allem der Behandlung – wobei letztere für Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten von entscheidender Bedeutung ist. Die Entstehung chronischer Schmerzen kann auf verschiedenste Faktoren zurückzuführen sein, sei es eine nicht ausheilende Verletzung oder Einflüsse sozialer und psychischer Natur. Ein zentraler Aspekt hierbei ist, dass nicht nur einzelne Muskeln betroffen sind, sondern ein gesamtes Nervensystem, was chronischen Schmerz zu einer komplexen medizinischen Herausforderung macht.

Warum ist dieses Thema für eure Studierenden wichtig?
Die steigende Lebenserwartung führt zwangsläufig zu vermehrten Abnutzungen im Körper. Akute Schmerzen lassen sich oft durch gezielte Therapie, beispielsweise durch bewegungsorientierte Übungen, erfolgreich behandeln. Doch im Fall von chronischen Schmerzen sind ein erheblich grösserer Aufwand und spezifisches Fachwissen erforderlich. Dieser Aspekt wird immer wichtiger, weshalb das Modul im vierten Semester des Bachelorstudiengangs eingeführt wurde.
Ein Beispiel verdeutlicht die Komplexität: Eine Patientin mit chronischen Rückenschmerzen, die durch einen Unfall schleichend eingesetzt haben, muss ihre Verhaltensweisen im Alltag anpassen. Die Physiotherapie erfordert dabei erheblich mehr Zeit als übliche halbstündige Therapiesitzungen und erstreckt sich oft über einen längeren Zeitraum. In manchen Fällen müssen Patientinnen und Patienten lernen, mit ihrem Schmerz zu leben, was eine intensive Begleitung und Unterstützung erfordert.

Was sollen die Studierenden schlussendlich aus dem Modul mitnehmen?
Das Schmerzmodul bietet eine umfassende Perspektive auf das Thema. Dazu gehören unter anderem die Vertiefung des physiologischen und medizinischen Wissens sowie das Erkennen von Faktoren, die Schmerzen verstärken. Das Modul differenziert zwischen akuten und chronischen Schmerzen und erklärt, wie sich der chronische Schmerz auf das Nervensystem auswirkt.
Besonders spannend sind die vielfältigen konkreten Massnahmen, die im Modul behandelt werden und sich ständig weiterentwickeln. Diese reichen von passiven bis zu aktiven Massnahmen, einschliesslich Anwendungen im Wasser, Klettern oder der Einbeziehung von Gestaltungstherapien.
Das Modul setzt stark auf praktische Erfahrungen, wobei die Studierenden nicht nur selbstständig theoretisches Wissen erarbeiten, sondern auch aktiv in der Praxis agieren. Durch den Perspektivwechsel in die Rolle der Patientinnen und Patienten gewinnen sie ein tiefgreifendes Verständnis und lernen an- und voneinander.